rainer rosenberg

 

 

 

Hauptsache es rollt

 

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Gut klingen

Zum Tod des Autoradio-Pioniers Leo Josimovic

 

„Auf der Suche nach der Seele der Dinge“ nannten wir unsere Sendung über den Radiomechanikermeister Leo Josimovic. Er ist nun fast 90-jährig am 25. November gestorben. Er hatte seine Nachfolge für sein Geschäft in der Zirkusgasse in Wien geregelt, und so wird sein Tod von den Hinterbliebenen auch als Auftrag interpretiert:

„Ciao, Leo!

Am 25. November hat sich unser Gründer Leo Josimovic auf die Reise begeben. Wir werden ihn als lebensfrohen Menschen, Gentleman der alten Schule und leidenschaftlichen Bewahrer des Analogen in Erinnerung behalten, dessen Liebe zu Handwerk und Technik keine Grenzen kannte.

Die Fußstapfen des Fotografen und ältesten Radiomechanikers Österreichs zu füllen, ist natürlich nicht einfach. Umso härter werden wir daran arbeiten, sein Vermächtnis lebendig zu halten.“

 

In der Epoche des Digitalen haben auch die Analog begeisterten Nachfolger eine sinnvolle Koexistenz z.B. mit Facebook gefunden, schließlich gehört es ja zur Tradition der Firma, dass man Pionier war in Sachen Autoradio in Wien, egal ob W1 (Der Wagen des Bundeskanzlers) hier Kunde war, oder Jochen Rindt (1970, eine Woche vor seinem Tod) vorbeigeschaut hat.

 

Beste Zeiten

Bevor Autoradios fix zur Ausstattung eines PKW gehörten, erlebte die Firma Josimovic einen Boom und konnte mehrere Filialen betreiben, in einer bekam ich viel später noch einmal ein Blaupunkt Röhrenradio passend zu einem blauen Auto. Da wusste ich noch nicht, dass der Firmenbesitzer am Beginn seiner Karriere einmal bei HEA (Houben Elektro Akustik) gearbeitet hatte, nachdem er seine Lehrzeit in Jenbach in Tirol absolviert hatte. Ich hatte als Kind einmal ein kleines damals modern wirkendes graues HEA Radio. Das Konsument-Testsieger Modell HEA Trixi hätte schon UKW gehabt, mein viel kleineres Modell konnte nur Mittelwelle, war aber doch geeignet unter der Bettdecke eines der damals existierenden beiden Radioprogramme aus Österreich zu hören.

Leo Josimovic arbeitete also bei HEA, bevor er sich selbständig machte und führend wurde im Bereich Autoradio-Einbau in der Bundeshauptstadt. Nach dem Selbständigmachen hatte ihm HEA die Übernahme der Garantiereparaturen angeboten, ein „gutes Geschäft“ hat er erzählt.

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Damals waren Autoradios noch Luxusgegenstände. Die Namen der historischen Autoradios wie Frankfurt, Mexico, Monte Carlo verwiesen auch auf glamourös klingende Städte im Land der Erzeuger und auf Orte an den Grand Prix Rennen stattfanden. Sie brachten einen Hauch von neugewonnener Weite in das oft enge Leben nach dem Krieg.

 

Vom Luxus im Auto Radio zu hören

Kein Zufall, dass beim Treffen für die Sendung ein Foto vom Bundeskanzler Auto, einem Mercedes mit dem Kennzeichen W1 zu sehen ist, kein Wunder, dass Leo Josimovic tollste analoge Aufnahmegeräte noch lange reparieren konnte, er liebte seine selbstgewählte Aufgabe und sagte über das Geldverdienen lediglich: „Besitz ist die Voraussetzung, dass man existieren kann“ Und er sprach über die Verluste, die er unverschuldet mit seiner Erfindung zum Entwickeln von Farbfilmen hatte. FOJO-Color hieß das tolle Produkt, das erste Foto, das Leo Josimovic mit der neuen Chemie machte, zeigte seine Frau und sein damaliges Auto. Die damals für das Projekt gefundenen Partner waren aber nicht die richtigen, und statt Gewinne einzustreifen, mussten Verluste verarbeitet werden.

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Leo Josimovic hat viel Leidenschaft in seine Tätigkeiten investiert und begeistert fotografiert. Er sammelte auch Leica und Rolleiflex Kameras. Zunächst wollte sein Sohn Andreas nicht die Nachfolge im Radiogeschäft antreten, aber die Film- und Kamerabegeisterung ist doch auf ihn übergesprungen, er hat eine Filmfirma gegründet und sein erster Kinofilm aus dem Jahr 2014 hat sehr viel mit der Familiengeschichte zu tun:

 

Geschichte in der Leopoldstadt

In „Über Leben“ stellt Josh Josimovic, das ist der Name des Sohnes im Filmbusiness, anhand des väterlichen Geschäftes eine der vielen höchst schwierigen Geschichten aus dem 2. Wiener Gemeindebezirk dar: das Geschäft seines Vaters war nämlich einmal eine Schneiderei, hier ist Mitzi Fleischer, geborene Miriam Rosenblum, bis zu ihrer Flucht vor den Nazis aufgewachsen. Bei einem viel späteren Wienbesuch lernen einander Mitzi und Leo kennen und es begann eine lebenslange Freundschaft.

Bemerkenswert: bei einer Filmvorführung von „Über Leben“ im Votiv Kino in Wien lernte Josh den begeisterten Kameratechniker Nikolaus Reichel kennen, der Leo treffen wollte – er sollte zum Techniker der Firma, dem Leo später seine Erfahrungen und Geheimnisse weitergeben konnte. Josimovic jun. Hat nun zwei Firmen, die von ihm gegründete Filmproduktion und die Oldtimer-Radio Werkstätte des Vaters. Dessen letzte große Arbeit war noch vor kurzem die Restaurierung und Verbesserung eines Radios für einen alten Ferrari. Acht Monate waren dafür nötig, aber das Radio ist nun besser als neu.

Leo Josimovic konnte also einen Nachfolger finden und so endet sein Lebenswerk nicht mit dem Tod des Gründers. Am 15. Dezember wurde er mit Jazzmusik auf seine Reise verabschiedet.

„Auf der Suche nach der Seele der Dinge - der Radiomechanikermeister Leo Josimovic“, die Sendung von Petra Herczeg und mir wird übrigens am 20.2.2022 um 14h05 auf Ö1 wieder ausgestrahlt.

 

Tankstellenblues

14.11.2021