Jenseits
des Ernstes
„Jenseits des Ernstes“ findet zumindest mein Rennwagen-Fahren
statt. Es ist so ähnlich wie in der Kindheit. Statt der Scalextric-Rennbahn
waren es heuer zweimal Salzburgring und einmal Österreichring. Der alte Alex
fuhr für seine Verhältnisse recht gut, einmal riss eine nicht ganz unwichtige
Schraube. Der Fehler ist behoben, es kam zu keinerlei bösen Folgen, die
Mechanik-mäßige Verlassenheit ist auch vorbei: Walter hat eine Werkstätte und
ist Jazz-Liebhaber und wenn es denn sein soll, dann liest er auf Wunsch eines filmemachenden
Ex-Rennfahrkollegen gerne auch einmal Bertha von Suttner in seiner Werkstätte.
Der Community TV-Sender OKTO hatte unterschiedliche Menschen
eingeladen, ein Stück aus „Die Waffen nieder!“ zu lesen. Arno Aschauer setzte
seinen ehemaligen Formel Vau Rennfahrerkollegen und Mechaniker ins Bild.
Ich konnte also am Ventilspiel Anfang
Oktober teilnehmen, und damit alles seine historische Richtigkeit hat borgte
mir Walter sogar seine alten Schuhe, die ich zumindest für das Foto anzog.
Alexis hielt bis ins Ziel durch und immerhin schaffte er eine Runde am Red Bull
Ring unter 2 Minuten. Für ein mehr als 50 Jahre altes Formel Ford Auto mit 1600
ccm und bescheidener Leistung und mir als Fahrer finde ich das durchaus
akzeptabel. Im Vorjahr war ich, wenn ich mich richtig erinnere, ein wenig
langsamer, vor ein paar Jahren mit einem 20 Jahre jüngeren Formel Ford deutlich
schneller.
Spiel oder
Rennen
Mit dem Ventilspiel endet meine Rennsaison. Aber was heißt da
Rennen. Es endet das Meditieren auf der Rennstrecke: konzentrieren, an nichts
anderes denken, den Blick auf die Strecke, auf Mitfahrende vor und hinter mir
konzentriert, auf den Drehzahlmesser, die beiden Thermometer (wieviel sind
eigentlich 200 Grad Fahrenheit?[1]
Das Auto kam ja, obwohl in England gebaut, aus den USA), Öldruck…
Fein, dass die Piste trocken geblieben ist, das ist im
Oktober – und auch sonst in der Steiermark – nicht selbstverständlich.
Es gab einige Formel Ford 1600 Kollegen, ich fühlte mich
weniger einsam als bei manch anderem Rennen. Und was auch ein Vorteil war: es
war ein Spiel. Deshalb auch der Name. Nicht „Cup“. Hier gibt es keine
Hoffnungen für junge Menschen mit alten Autos eine neue Karriere zu beginnen,
keinen Ehrgeiz um Punkte für Renn-, Klassen- oder Gesamtsieg zu fahren.
Instandhaltung
oder Tuning
Hier wird mehr in die Instandhaltung der Mobile investiert
als in Geschwindigkeit oder in die Verkürzung von Rundenzeiten. Und Fehler
werden hier eher wegen Ungeübtheit gemacht als wegen falschem Ehrgeiz. Manche
Teilnehmende wirken zwar durchtrainiert, anderen kann man einen davon weit
entfernten Lebenswandel durchaus ansehen. Und auch das Alter der
Overall-Tragenden zeugt eher von fallweise früheren Motorsportkarrieren als von
kommenden. Ob es sich bei diesen Veranstaltungen um historischen Motor“sport“ handelt
oder um museale Tätigkeit mit in ihre Ausstellungsobjekte verliebte
Museumswächter mag jede*r für sich entscheiden. Ich bin eher ein Anhänger der
Museumsidee und träumte ja auch immer von „Gentle Racing“. Schließlich ist es
ja bei vielen derartigen Veranstaltungen so, dass die Teilnehmenden Rennfahren
nur spielen - wie damals mit der Rennbahn im Zimmer, die auf ihre Art sehr
zukunftsträchtig war: auch wenn die Modelle Abbilder benzingetriebener Autos
waren – das Spielzeug hat die E-Mobilität vorweggenommen.
Benzin oder
Diesel
Nein jetzt ist nicht von Rennautos die Rede, von historischen
Fahrzeugen allerdings. Von Fahrzeugen, die zu Stehzeugen wurden und dabei sind,
wieder aufgeweckt zu werden. Die Rede ist speziell von einem Traktor, der seit
Jahrzehnten in einer an sich trockenen Garage steht. (Einmal gab es ein
Hochwasser, das war zwar ziemlich schlimm, aber es erreichte nicht die
kritischen Punkte des Traktors.) Was also soll mit dem Ding geschehen?
Es hat hohen Erinnerungswert in der Familie, wird nicht
verwendet und braucht Platz, der anders sehr gut zu verwenden wäre. Mehrfach
schon wurde beschlossen, jemanden zu finden, der oder die dieses Stück kaufen
möchte, verschiedene Interessent*innen haben sich gemeldet und dann kam ein
Zufall des Weges: plötzlich traf ich auf den Mann, der schon vor Jahrzehnten
diesen Traktor betreut hatte: inzwischen ist der Mechanikermeister in Pension,
hilfsbereit ist er noch immer, außerdem einer, der sich wirklich bei alten
Traktoren auskennt.
Adolf kam zu Besuch, und man hatte das Gefühl, dass nicht nur
der Mechanikermeister lächelte, sondern dass auch der Traktor mit dem kleinen Einzylinder-Motor
und dem Namen Junior in der Typbezeichnung lächelte wie manche Autos in
Animationsfilmen. Aus lauter Wiedersehensfreude war er beim nächsten Treffen
dank geliehener Batterie und kundigem Ankurbeln auch bereit anzuspringen, Adolf
fuhr dann gleich damit davon, um des Traktors Bedürfnisse genauer zu
untersuchen. Inzwischen ist der alte Herr Junior gereinigt und ein wenig
zerlegt, schließlich soll er ja dicht sein, beim Simmerring an der Kurbelwelle.
Und dann wird er wieder fahren, schließlich hat Adolf auch nicht unendlich
Platz in seiner Garage, die Mitglieder des Oldtimer-Traktor Klubs brauchen aber
so manche Unterstützung, manche rufen an, andere bringen ein Gefährt vorbei. Schließlich
wissen sie selbst, dass z.B. das Zusammennähen von Traktorreifen keine
Dauerlösung sein kann…