Ätherfreiheit
16.11.2018
Ich war ja immer ein Anhänger möglichst freier Radios.
Ähnlich wie Eugenio Finardi, der vor mehr als 40 Jahren, als in Italien gerade
eine Welle der Revolte lief („Stadtindianer“, Radio Alice in Bologna) eine Art
Hymne auf die utopische Welt freier Radios schrieb. Wird auch noch heute bei
Konzerten gespielt, wie hier in Chieti. In Österreich kam das alles mit
weniger Revolte (aber auch hier gab es „Piraten“) und viel später, aber es kam
doch und zwar so spät, dass es schon fast ab Beginn mit den neuen Möglichkeiten
des Internets in Konkurrenz treten musste.
Und so kämpfen 15 freie Radios seit 20 Jahren um ihre
Existenz und machen ihre Arbeit und die MitarbeiterInnen frönen ihrem Hobby
oder ihrer selbst gewählten zivilgesellschaftlichen Aufgabe.
Bei der 20 Jahr Feier des gemischtsprachigen Kärntener „Radio
Agora“ werde ich heute Abend eine Diskussion leiten, die den „Mehrwert“ freier
Radios beleuchten soll.
Ich sage ja oft, freie Radios wären die Fortsetzung des
öffentlich rechtlichen Auftrags, den der ORF hat mit anderen Mitteln.
Öffentlich rechtliches Radio soll aus verschiedenen Gründen
viele HörerInnen haben – weil jedes seiner Programme eine Grundversorgung mit
Information bieten sollte – nur informierte BürgerInnen können mündig wählen –
und weil es viel Platz gibt für die Vermittlung unterschiedlichster
bildungsrelevanter Inhalte, die natürlich so präsentiert werden sollten, dass
potenziell Interessierte „mitgehen“ können.
Automomie statt Quotendruck
Ganz anderes ist das bei
den „Freien Radios“, die in verschiedensten österreichischen Städten und
Regionen senden und zwar das, was die MacherInnen machen wollen
Die GestalterInnen stehen unter keinem Quotendruck, das
wesentliche ist die Begeisterung, die Menschen dazu bringt unentgeltlich
öffentlich zu kommunizieren, Dinge zu recherchieren, ihre Begeisterung zu
teilen, auch Missstände aufzudecken, mit Kindern zu arbeiten, Sprachkurse
anzubieten – kulturelle Vielfalt zu präsentieren, die nicht nach Quote fragt.
Mitunter ist der Produktionsprozess für die MacherInnen überhaupt der
wichtigste Aspekt – es wird gezeigt, dass Selbstermächtigung auch mit öffentlichem
Auftreten zu tun haben kann und bring andere dazu zu reagieren und vielleicht
auch mitzuarbeiten. Außerdem liegt den Auftrittsmöglichkeiten ein
Diskussionsprozess zugrunde, der die eigenen Argumente verbessern kann. Dass
solche Prozesse mitunter mühsam sein können, das wissen wohl alle, die schon
daran teilgenommen haben. Und wenn sich solche Prozesse über 20 Jahre
hinziehen, dann lassen sich schon viele Dokumente vorzeigen, die irgendwo
abgespeichert und gedruckt sind, darf die Frage nach der Veränderung des
Mediums Radio in Zeiten von Social Media gestellt werden, genauso wie die
Frage, was diese Art von Öffentlichkeit heute für eine politische Relevanz
haben kann.
Die Ergebnisse die bei den unterschiedlichsten freien Radios
in Österreich zu hören sind, zeigen, dass sich die Arbeit in unterschiedlicher
Weise auszahlt, es werden Journalismus Preise gewonnen, es gibt österreichische
und internationale Zusammenarbeit ein Netzarchiv und viele Aktivitäten, und
dass es eine Geschichte gibt, die mit Widerstand gegen strikte staatliche
Regeln begonnen hat (Piratenradio!) macht für mich die Projekte nicht weniger
sympathisch.
Heute
Abend wird in Klagenfurt diskutiert.