rainer rosenberg

 

 

genug gefragt

 

 

Mein kleiner Wirtschaftskrieg

9.7.2018

 

Ausgerechnet. Gerade am Tag an dem China für zahlreiche Güter aus den USA Zollschranken ankündigt, nachdem die USA Gleiches taten, die Europäer schon Unfreundlichkeiten mit „America first“ gewechselt hatten, der Iran mit Wirtschaftssanktionen in die Knie gezwungen werde soll, europäische Firmen von den USA gewissermaßen als Geisel genommen werden - wer mit Iran handelt, darf nicht mit den USA handeln, ausgerechnet da habe ich ein korrespondierendes Erlebnis - mit Vorgeschichte:

San Francisco 2013: es war das Jahr des epischen Duells im America’s Cup zwischen USA und Neuseeland, die „radfahrenden“ Segler hatte Neuseeland noch nicht erfunden, die US-amerikanische Mannschaft  („Oracle“) musste die letzten acht Regatten en suite gewinnen, um den Wettkampf gegen die Neuseeländer („Emirates“)„umzudrehen“. Zufällig konnte ich die Boote aus der Nähe betrachten, ging am Hafen entlang und entdeckte das „Exploratorium“, ein kleines aber feines Technologie-Museum am Pier 15. Ich war begeistert über Modelle, hatte Sehnsucht nach anderen Galaxien. Und ich kaufte eine Kappe mit der Aufschrift „Exploratorium

Dass ich einige Jahre später auch noch die Gelegenheit hatte, zum Observatorium am „Mount Palomar“ zur fahren, passt zu meinen Kalifornien Erfahrungen, und auch zu meiner Verehrung für Herrn Palomar, diesen Beobachter verschiedenster Ereignisse auf Erden, den Italo Calvino erfunden hat, doch dazu mehr ein anderes Mal, bleiben wir in San Francisco, erinnern wir uns vielleicht auch an den letzten America’s Cup, in dem dann die Neuseeländer Ihre Revanche bekamen (Ja, mit Hilfe der „Radfahrer“, die den Druck für die Hydraulik des Bootes mit Muskelkraft erzeugten…).

Aber davon wusste die Kappe nichts, die mich jahrelang begleitet hat. Irgendwann war sie verschwunden, nicht in entfernte Galaxien, ich muss sie irgendwo liegengelassen haben, verlegt, oder der Wind hat sie davongeweht.

Kein schwerer Trauerfall, aber doch, nach einigen Wochen dachte ich, dass das Exploratorium wohl einen Webshop haben müsste – und ja, es gab die Kappen noch, das Stück für knapp 15 Dollar. Zur Sicherheit bestellte ich drei, damit sich die Versandgebühr auch auszahlt... 18 Tagen später war ich zufällig zu Hause, als der Briefträger klingelte. Endlich einmal Post, wie sich‘s gehört, kein Abholen in irgendeinem Post-Ersatzshop oder bei einem Automaten im Postamt. Endlich ein Mensch, der ins Haus kommt und noch dazu kann ich ihn dank Anwesenheit treffen. Der Briefträger sagte: Ich habe ein Paket für sie. Ich: aus San Francisco? Ja. „Ich bekomme 17 Euro 70 für den Zoll“.

Nein, das ist keine Folge eines Handelskrieges zwischen Europa und den USA. Es ist Normalzustand. Ganz üblich. (Eingangsabgabe: 7,17€, Zollstellungsentgelt:10€).

 Wenn man nachliest, kommt man auf die folgende Feststellung: „Der ungewichtete Durchschnittszoll der EU liegt bei 5,2%, jener der USA bei 3,5“* Europa, das sich über Trumps Maßnahmen beschwert, hebt auf amerikanische PKW 10% Zoll ein, auf Äpfel 17% <,auf Weintrauben 20% und auf Käppis des Exploratoriums (wenn man den Warenwert ohne Transport rechnet) in Summe ca. 40%. Dass dieses Produkt natürlich nicht in den USA erzeugt wurde, versteht sich ja fast von selbst – es wurde in China produziert. Ob Käppis – so wie Stahl und Aluminium auf der Sanktionsliste stehen, weiß ich nicht. Ich erinnere mich nur an mein Wirtschaftsstudium: da hörte ich, es sei nachgewiesen, dass Freihandel allen Wirtschaften nütze. Ob es stimmt, weiß ich nicht. Bei CETA und TTIP störten mich eher die Schiedsgerichte, inzwischen glaube ich auch zu wissen, wie sehr freier Handel lokale Wirtschaften schädigen kann, und vor allem, wie sehr Handelsbedingungen Machtfragen sind und Auswirkungen vorher nicht eindeutig einzuschätzen sind.

Und noch etwas weiß ich: mein Käppi Problem ist „Peanuts“.

Ob wohl Erdnüsse auf irgendwelchen Sanktionslisten stehen? Jimmy Carter** würde sich wohl schön bedanken…

 

„Die Fragen bleiben gleich, die Antworten ändern sich“

5.7.2018

 

*Gabriel Felbermayr über Zölle im transatlantischen Handel - www.cesifo-group.de/DocDL/sd-2018-06-felbermayr-zoelle-2018-03-22.pdf

** Jimmy Carter, 39. Präsident der USA war vor seiner politischen Karriere Erdnussfarmer.